Passione 1879 hat geschrieben: ↑24.07.2023 22:32
Fankultur heisst für mich eben auch, dass gewisse Zuschauer eben gerne vor oder nach dem Spiel mit anderen Gleichgesinnten noch eins nehmen auf dem Vorplatz. Von mir auch auch mit einer Live-Band. Aber dieses Angebot steht ja auch in der Kritik. Dabei wär's ja so einfach: Will man's nicht, muss man es nicht wahrnehmen. Wieso muss man also sowas als nicht genehm und unpassend hinstellen, erwartet aber von genau dieser Klientel, die das mag, die Toleranz gegenüber der eigenen Fankultur?
Und die LED-Banden mögen zwar 90 Minuten lang leuchten und flackern, aber ich seh komischerweise trotzdem selten hoch und sie stören mich auch in keinster Weise, weil ich eben auf das Feld schaue. Ich brauch weder die LED-Banden, um Fussball geniessen zu können, noch brauche ich Choreos und Pyro. Aber ich habe grundsätzlich mit beidem kein Problem. Und ich habe auch nirgends geschrieben, dass ich 90 Minuten ein "Hopp Sangalle" hören will. Ich brauch keinen Dauersupport, ich mag den situationsbezogenen Support mehr. Übrigens hört man die Jingles zu Eckbällen oder was auch immer auch nicht 90 Minuten, sondern vielleicht ein Dutzend Mal für wenige Sekunden über 90 Minuten.
Und zu deinem dritten Punkt: Egal, wie viel Geld da mit Choreo-Kasse oder alternativem Fanartikelverkauf reinkommt, letztendlich macht die Kurve mehr oder weniger genau das, was auch der Verein macht. Man sucht Sponsoren und Vertriebsmöglichkeiten, um an Geld zu kommen, damit man mit den Besten der Schweiz mithalten kann. Die einen bei den Aktionen auf den Rängen, die anderen bei den Aktionen auf dem Rasen.
Den Inhalt deines ersten Satzes würde ich für mich auch zu einer lebendigen Fankultur zählen. Was mir allerdings ein Rätsel bleibt, ist weshalb eine Live Band im Rahmen eines Fussballspiels angebracht sein soll. Es tangiert schlussendlich alle Anwesenden, also soll ich mich Deiner Meinung nicht auf dem Kiesplatz aufhalten, weil es mir nicht genehm ist? Man solle sich vor, alle würde im Leben nur nach diesem Schema vorgehen. Bei Unbehagen den Sand in den Kopf stecken.
Was schlägst Du denn konkret vor, mit welchem Liedgut einen situationsbezogenen Support über mehrere Minuten aufrechtzuerhalten? Bin gespannt, was denn ausser „Hopp St. Gallä“ als situative Stimmung wahrgenommen wird.
Die Ziele mögen ähnlich sein, aber die Art und Weise, wie diese erreicht werden, ist ausschlaggebend für mich. Und die unterscheiden sich signifikant.
Sowohl für Punkt 1 wie 3 kann ich eigentlich dasselbe schreiben. Die grosse Mehrheit der Matchbesucher goutiert den Kurs der aktuellen Führung, die - wie schon von anderen erwähnt - den Spagat zwischen Geld einnehmen und den Verein komplett vermarkten ziemlich gut hinbekommen. Der grosse Zuschaueraufmarsch und die Unterstützung trotz fehlenden Erfolgs unterstreicht das.
Nein, du musst nicht den Kiesplatz meiden, nur weil dir nicht gefällt, dass eine Live-Band spielt oder ein DJ auflegt. Selbstverständlich darfst und sollst du dort sein, sofern du denn willst. Aber wenn man als kleine Minderheit dieses Angebot, das die grosse Mehrheit schätzt, dogmatisch zu bekämpfen versucht, weil es gemäss ihr nicht zum Fussball passt, dann nimmt sich diese Minderheit für mich eben viel zu wichtig und,stellt sich über den Verein. Der Verein, oder was der für Werte vertritt und wie er sich nach aussen präsentiert, das sind wir alle, die ins Stadion kommen und für den FCSG einstehen und mit ihm mitfiebern, und nicht nur der harte Kern, die Allesfahrer aus dem Block.
Daselbe mit den LED-Banden, wo man offensichtlich zu keinem Kompromiss bereit war, obwohl wahrscheinlich bei einer Abstimmung aller 19000 Matchbesucher wohl sicher 90 bis 95 Prozent kein Problem damit hätten. Wenn man ständig versucht, als kleine Minderheit der grossen Mehrheit seine Werte aufzudrücken - du nennst es weiter oben beschönigend "bei Unbehagen den Kopf nicht in den Sand zu stecken" - dann sollte man sich auch mal fragen, ob man überhaupt noch am richtigen Ort ist. Wie gesagt: Der FCSG gehört nicht euch, sondern uns allen! Dazu sollte man auch andere Werte akzeptieren, die den Verein in seiner Entwicklung vorwärtsbringen, ohne die Werte komplett zu verraten. Ein Ring aus LED statt normaler analoger Werbebanden gehört da sicher nicht zu letzterem, sondern ist eine logische Folge, wie auch du sicher nicht mehr ein Tastentelefon, sondern ein Smartphone besitzt.
Bezüglich Liedgut habe ich keine Ansprüche. Ich mag gewisse kräftige Lieder wie etwa unser Cupfinallied, aber ich brauch die nicht, um Fussball zu schauen. Der Dauergesang ist mir auf die ganze Spieldauer gesehen zu monoton und langweilig, aber ich kann ihn gut als Teil eurer Fankultur akzeptieren und ich bekämpfe ihn auch nicht, oder will ihn gar verboten haben - womit wir wieder bei der von dir am Ende angesprochenen Art und Weise sind. Ich bin halt bei der gesanglichen Unterstützung sehr puristisch und brauch ausser einem "Hopp Sanggalle" und einigen wenigen anderen einfachen Schlachtrufen das ganze "neumodische Gesangzeugs" nicht. Ich nag es, wenn es ab u d zu auch etwas ruhiger im Stadion ist und dann situationsbezogen richtig laut wird. Seltsamerweise ist hier eine konservative Haltung dann plötzlich scheisse und wird belächelt und abgetan.
Diesbezüglich nochmals die Frage, die bisher noch niemand beantwortet gar: Inwiefern soll die Ultrakultur denn "gegen den modernen Fussball" sein, wo sie doch selbst irgendwann ala modernes Element den bisherigen Fussball unterwandert hat? Wozu braucht es Dauergesang und Choreos und Pyros? Die Frage ist durchaus nicht nur provokativ gemeint, sondern sollte, wie von Luigi oder Zuschi richtig erkannt, auch zum Nachdenken anregen und die teilweise dogmatische Haltung einiger weniger hinterfragen. Wieso lässt man gewisse Neuerungen nicht zu, wenn die eigene Kultur selbst auch irgendwann eine Neuerung war.